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Was werd ich tun, wenn alles brennt?

Roman

Erschienen am 18.09.2003
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783630871462
Sprache: Deutsch
Umfang: 704 S., 0 s/w Illustr.
Format (T/L/B): 4 x 22 x 15 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Als Paulo seinen Vater Carlos im Sarg sieht, ordentlich zurechtgemacht in Anzug und Krawatte, bekommt er einen hysterischen Lachanfall. Jahrelang kannte er ihn nur als Drag Queen, als Star der Lissabonner Nachtclubszene, und nur allzugern ließ er sich in diese zwielichtige Welt am Rande der Gesellschaft hineinziehen. Vor allem Carlos' große Liebe, der jugendliche Draufgänger und Junkie Rui, faszinierte ihn, er führte ihn in die Unterwelt ein, brachte ihn zum Heroin. Jetzt ist auch Rui tot, wird zusammen mit Carlos begraben. In einem halluzinatorischen Furor rekapituliert Paulo sein Leben, die gescheiterte Ehe seiner Eltern, die Frage, ob Carlos wirklich sein Vater ist, die spießige Welt seiner Pflegeeltern, seine Entziehungskur, die noch nicht abgeschlossen zu sein scheint. Aber nicht nur aus Paulos Perspektive werden die verschiedenen Leben und Schicksale beleuchtet, Lobo Antunes flicht die Stimmen der anderen Protagonisten kunstvoll mit ein. So kreist die Geschichte um die Identitätssuche Carlos', der inmitten der Gebeutelten und Getriebenen als einziger seinen Weg zu gehen scheint, während er die anderen in tiefe Selbstzweifel, ja zur Selbstzerstörung treibt. Das neue Meisterwerk von Lobo Antunes schickt den Leser auf 'eine faszinierende Reise in die gedankenschwere, derbe und meist fugendicht verschlossene Welt unter der Schädeldecke, eine Expedition in jene gefährlichen Bewußtseinsgegenden, wo die Sinne und der Geist sich kreuzen' (Süddeutsche Zeitung).

Autorenportrait

António Lobo Antunes wurde 1942 in Lissabon geboren. Er studierte Medizin, war während des Kolonialkrieges 27 Monate lang Militärarzt in Angola und arbeitete danach als Psychiater in einem Lissabonner Krankenhaus. Heute lebt er als Schriftsteller in seiner Heimatstadt. Lobo Antunes zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. In seinem Werk, das mittlerweile mehr als zwanzig Titel umfasst und in vierzig Sprachen übersetzt worden ist, setzt er sich intensiv und kritisch mit der portugiesischen Gesellschaft auseinander. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den "Großen Romanpreis des Portugiesischen Schriftstellerverbandes", den "Jerusalem-Preis für die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft" und den Camões-Preis.

Leseprobe

Ich war mir sicher, daß ich diesen Traum am Vortag geträumt hatte oder an einem Tag davoram Vortagund gerade deshalb dachte ich, ohne aufzuwachen-Es lohnt nicht sich darüber den Kopf zu zerbrechen das kenne ich schondenn ich war nicht an Geschehnissen interessiert, von denen ich wußte, daß sie nicht stimmten-Ich schlafegestern hatten sie mich erschreckt, aber sie erschreckten mich nicht mehr-Warum soll ich mich aufregen alles gelogenwar mir der Lage meines Körpers im Bett bewußt, einer Falte im Bettlaken, die mir am Bein weh tat, des Kopfkissens, daswie immerzwischen die Matratze und die Wand gerutscht war, die Finger selbständig, alleinsuchten es, packten es, holten es zurück, falteten es unter der Wange, die sich ihrerseits hineinfaltete, so daß ein Teil von mir das Kissen und ein Teil die Wange war, die Arme umfaßten den Bezug, und ich half den Armen-Es sind meineverblüfft darüber, daß sie mir gehören, war mir einer der Platanen am Zaun bewußt, nachts ein Fleck an der Scheibe, aber jetzt deutlich, trat sie in meinen Traum und hob meinen Kopf annur den Kopf, da die Bettlakenfalte mir immer noch weh tatzum Fenster neben dem Büro, in dem der Arzt eine Information oder einen Bericht schriebder Schreibtisch, der Stuhl und der Tisch alt, die Tür immer offen, durch die die Kranken hineinspähten und bartstoppeldreckig und mit toten Augen um Zigaretten betteltenich war immer außerstande gewesen, im Restaurant die Fischaugen zu essen, mein Onkel stach mit der Gabel hinein, und ich schrie blindmich nimmt niemand wahr, niemals hat mich jemand wahrgenommen, die Krankenpfleger begnügten sich damit, mich rauszuschieben-Ist ja gut ist ja gutund die Fische saßen mit ausgestreckten Händen auf Bänken, bettelten um Zigaretten, der Onkel hielt mit der Gabel inne-Magst du die Augen nicht Paulo?der Schreibtisch, der Stuhl, der Schrank, der Arzt, der irgend etwas unterschreibt, mich anstarrt, schnell die Gabel packt, sie der Meerbrasse, der Dorade nähert, ich mag Augen, Onkel-Morgen kannst du nach Hauseund während ich wach wurde und sich eine Taube auf einem Platanenzweig auf und nieder wiegte, die Bettlakenfalte aufhörte, mir weh zu tun, der Fisch sich vom Kopfkissen löste, das ich nun doch nicht bin, und der Onkel vergnügt in diesen Traum vom Vortag zurückwich, in dem riesige Meeraale, von den Tabletten in Aufziehpuppen verwandelt, mich um Zigaretten anbettelten-Magst du keine Augen Paulo?beispielsweise der Ertrunkene links von mir, der gezeitenlangsam zur Oberfläche der Matratze aufstieg, seine Frau besuchte ihn immer sonntags mit einem Päckchen Pfirsiche, und er lehnte die Pfirsiche mühsam, wie aufgezogen ab, ohne die Geste zu beenden-Hast du Zigaretten mitgebracht Ivone?meine Mutter Judite, mein Vater Carlos, der Arzt, nicht dieser, aber ein dickerich erinnerte mich an die rote Krawatte, als ich eingeliefert wurde, an eine Zigeunerin, die schrieoder war ich es, der schrie?der Arzt-Wie heißt deine Mutter?und ich erinnerte mich auch an die Feuerwehrleute, die von Dona Helena gerufen worden waren, um meine Handgelenke festzuhalten-Schön ruhig Jungeso viele Untertassen in der Küche, die zerschlagen werden mußten, die Vase unversehrt, die Zeiger der Uhr, die den Eintopf überwachten-Zerstör unswenn die Feuerwehrleute mir anstelle des dicken Arztes mit der roten Krawatte helfen würden, nicht in diesem Büro, in einem Raum ohne Fenster oder Schrank, wo die Zigeunerin oder ich schrien, oder aber keiner von uns beiden, das Zerschellen des Geschirrs-Wie heißt deine Mutter?meine Mutter Judite mein Vater Carlos-Hast du Zigaretten mitgebracht Ivone?samstags fünf Zigaretten, aber die Zigaretten gehen aus, ein Bon für ein Glas Milch im Café, aber die Milch, die sich nicht halten kann, ergießt sich auf den Tresen, sobald man sie berührt, der Krankenpfleger wischt den Tresen ab, wischt uns die Jacke und das Kinn mit einem zerlöcherten Stück Stoff ab, dem Fossil eines Handtuchs, auf einem hoch oben angebrachten Brett schimpft der Fernseher-SchmutzfinkenKuchen, d Leseprobe

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